Die neue Sicht des Fettgewebes

Sowohl zu viel Fett als auch zu wenig oder falsch verteiltes Fett gehen mit schweren Stoffwechselkrankheiten einher. Dies hat mit der Fähigkeit von Fettzellen zu tun, über selbst produzierte Botenstoffe („Adipokine“) mit anderen Organsystemen zu kommunizieren. Erst in jüngster Zeit erkennt man enge Zusammenhänge zwischen der Regulation der Fettzellfunktion und anderen überlebenswichtigen Funktionen. So bestehen auf molekularer Ebene beispielsweise direkte Verbindungen zwischen der Kontrolle des Energiestoffwechsels, der Fähigkeit zur Fortpflanzung, der Funktion des Immunsystems und der Steuerung von Alterungsprozessen.



Unsere Arbeitsgruppe propagiert ein Modell des Fettgewebes als ‚critical link organ’ („entscheidendes Mittlerorgan“), das die direkte Kopplung zwischen der Steuerung von Energiestoffwechsel und von wichtigen immunologisch-hormonellen Regelkreisen ermöglicht. So spielen Fettzell-Botenstoffe eine wichtige Rolle für die Kontrolle einer Vielzahl von Organfunktionen, darunter – so vermuten wir im Einklang mit diesem Konzept – beispielsweise auch für zentralnervöse Lernvorgänge, Schlaf, Kognition, Muskel- und Knochenmasse. Unser Forschungsschwerpunkt liegt derzeit auf der Untersuchung molekularer Mechanismen, die hormonelle und Stoffwechselfunktionen der Fettzelle steuern. Deren Erforschung könnte einerseits zur Entwicklung neuer Therapien für Volkskrankheiten wie Diabetes, Übergewicht und Bluthochdruck führen, andererseits aber auch neuartige Optionen zur Behandlung vielfältiger endokriner Störungen - darunter Infertilität, Osteoporose und frühe Alterung - entdecken helfen.